Schlachtung tragender Rinder

Maßnahmen zur Leidensreduktion der Feten
Informationsstand November 2016

Sachverhalt
Gravide Rinder werden im letzten Drittel der Trächtigkeit geschlachtet. Die hohe Tierschutzrelevanz liegt darin, dass die Feten vom Zeitpunkt der Betäubung des Muttertiers und über dessen Tod hinaus vermeidbaren Leiden ausgesetzt werden. Um die ungeborenen Kälber in diesem fortgeschrittenen Entwicklungszustand vor dem Erstickungstod zu bewahren, müssen die Feten nach der Betäubung (Bolzenschuss) des Muttertiers schnellstmöglich entwickelt und nach Betäubung getötet werden.
Herr Dr. Dieter Hoff hat durch eigene Untersuchungen nachgewiesen, dass dieser Ablauf innerhalb von 35 – 40 Sekunden nach Setzen des Bolzenschusses beim Muttertier erfolgreich durchgeführt werden kann, sofern zwei Bedingungen erfüllt sind: 1. Die Trächtigkeit wurde auf dem Schlachthof vor der Betäubung des Muttertiers festgestellt. 2. Es steht ein zweites Tötungsteam (bestehend aus zwei Kopfschlächtern) für Entwicklung, Betäubung und Entbluten des Feten zur Verfügung. Diese Maßnahmen sind innerhalb von 40 Sekunden durchführbar. Der Schlachtvorgang des Muttertiers läuft parallel und muss innerhalb von 60 Sekunden durchgeführt sein (vom Setzen des Bolzenschusses bis zum Entblutestich).

Rechtssituation
Es gibt derzeit keinen Rechtsschutz für die von der Schlachtung des Muttertieres betroffenen ungeborenen Tiere. Hochtragende Tiere dürfen im letzten Zehntel der Trächtigkeit gemäß der Tierschutztransportverordnung nicht transportiert werden, diese Regelung ist nicht straf- und bußgeldbewehrt. Schleswig-Holstein (Dez. 2014), Niedersachsen (Sept. 2015), Mecklenburg-Vorpommern (Okt. 2015) und Nordrhein-Westfalen (Nov. 2015) haben freiwillige Vereinbarungen zur Verhinderung der Schlachtung gravider Rinder mit den Stakeholdern getroffen. Die Bundesregierung verfolgt ein Abgabeverbot trächtiger Tiere im letzten Drittel der Trächtigkeit. Hierzu soll das Tiererzeugnisse-Handels-Verbots-Gesetz (TierErzHaVerbG )* geändert werden. Der Regelungsentwurf des BMEL liegt der EU-Kommission zur Notifizierung** vor. Die Stillhaltefrist endet am 25.11.2016.

*Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetz vom 8. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2394), das zuletzt durch Artikel 407 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist (TierErzHaVerbG).

Der Tierschutzbeirat stellt fest:
Abgabe und Schlachtung gravider Tiere (Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde) im fortgeschrittenen Trächtigkeitsstadium (letztes Drittel der Trächtigkeit) müssen verboten werden. Verbotsverstöße müssen sanktioniert werden.
• Der Tierhalter muss bei Abgabe des Tieres zur Schlachtung durch eine tierärztliche Bescheinigung nachweisen, dass bei dem Tier keine Gravidität im fortgeschrittenen Stadium (mit überlebensfähigen Feten) vorliegt. Die verbindlichen Angaben könnten z.B. in den Vereinbarungen der QS-Anforderungen (geprüfte Qualitätssicherung) aufgenommen werden. Falschangaben sind angemessen zu sanktionieren.
• Verbotsreglungen sind noch nicht in Kraft. Wenn derzeit Tiere im letzten Drittel der Trächtigkeit zur Schlachtung abgegeben werden, so muss der für die Beschau zuständige Tierarzt informiert werden.
• Trotz zukünftiger gesetzlicher Verbote kann nicht verhindert werden, dass gravide Tiere mit überlebensfähigen Feten rechtswidrig auf dem Schlachthof ankommen. Deshalb sind Vorsorge-Maßnahmen notwendig, um das Ersticken der Feten zu verhindern. Diese werden nachstehend aufgeführt.

Ablauf der Maßnahmen
Die Trächtigkeit ist auf dem Schlachthof vor Setzen des Bolzenschusses bekannt (z. B. durch Angaben auf der Info zur LM-Sicherheit nach Anhang II Abschnitt III…..der VO 853/2004). Dann sollte festgelegt sein, dass Schlachtungen dieser Art immer unter der Aufsicht des amtlichen Tierarztes erfolgen. Das Muttertier ist durch einen Sachkundigen zu betäuben (Bolzenschuss). Nach Verlassen der Tötebucht und teilweisem Hochziehen erfolgt nun das Eröffnen der Bauchhöhle, das Kalb wird entwickelt und umgehend ebenfalls mittels Bolzenschuss betäubt und mittels Entblutestich getötet. Zeitgleich wird das Muttertier weiter zur Entbluterinne transportiert und dort mittels Stich – Eröffnen der Großen Gefäße im Hals – getötet. Um die zeitlichen Vorgaben einhalten zu können, waren im Schlachtbetrieb, in dem die Untersuchungen durchgeführt wurden, zwei Kopfschlächter für das Entwickeln und Töten des Kalbes und weitere zwei Kopfschlächter erforderlich, die sich ausschließlich mit dem Muttertier beschäftigt hatten. Sollte eine Trächtigkeit erst am Schlachtband festgestellt werden, so ist umgehend der für die Beschau zuständige Tierarzt zu informieren. Dieser hat zu entscheiden, ob der Fetus noch lebt, leidet oder bereits tot ist und veranlasst die entsprechenden Maßnahmen.

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.

Datenschutzerklärung